Großkanzlei

In diesem Beitrag möchte ich vorrechnen, wie es funktionieren kann, dass manche Berufseinsteiger in einer Großkanzlei bis zu 140.000 Euro im allerersten Jahr verdienen – ohne jegliche Berufserfahrung!

Anwalt in einer Großkanzleien zu werden, ist der Traum vieler Jurastudenten, nicht zuletzt, weil man unfassbar viel Geld verdient. Wer ein bisschen recherchiert, wird ziemlich schnell auf horrende Zahlen stoßen – 100.000 Euro pro Jahr sind fast schon ein Praktikantenlohn. Es gibt Kanzleien, die zahlen mittlerweile bis zu 140.000 Euro im allerersten Berufsjahr. Das ist echt krass!

Viel Gehalt – viel Arbeit!

Wie kann das eigentlich funktionieren? Das geht nur, weil man in einer Großkanzlei extrem viel arbeiten muss. Ich habe auch Freunde, die in Großkanzleien arbeiten bzw. gearbeitet haben. Die haben brutale Arbeitszeiten, teilweise bis zu 100 Stunden pro Woche, natürlich auch am Wochenende. Viele von denen, die Kinder und Familie haben, lassen sich wieder scheiden, weil ihre Liebsten das auf Dauer einfach nicht mitmachen.

Business-Konzept von Großkanzleien

Warum muss man in einer Großkanzlei so viel arbeiten? Man muss einfach sein eigenes Gehalt rechtfertigen und dazu noch für die eigene Kanzlei Geld verdienen. Ich rechne mal vor: Ich würde sagen, der Mittelsatz an abrechenbaren Stunden, die ein Associate in einer Großkanzlei verdienen muss, sind etwa 1.500 Stunden. Wenn ihr jetzt, sagen wir, einen Stundenlohn von 300 Euro habt, die dem Mandanten in Rechnung gestellt werden, dann kommt ihr auf einen Umsatz von 450.000 Euro pro Jahr. Das muss man erst mal erreichen! Aber wenn man es erreicht hat, bleiben natürlich 310.000 Euro für die Kanzlei übrig.

Es ist also schlichtweg ein Business Case. Großkanzleien zahlen nicht so viel, weil die einen für total sympathisch oder kompetent halten. Sie machen es, weil sie genau wissen, dass sie mit diesen Leistungen auf Dauer auch Geld verdienen können und nicht zuletzt auch ihre immensen Kosten decken – von Sekretärinnen bis hin zu exklusiven Standorten. Deswegen machen die das! Das ist absolut kein Gutmenschentum. Darüber muss man sich im Klaren sein.

Ist Großkanzlei was für mich? Probiert es aus!

Die Arbeit in einer Großkanzlei ist trotzdem ein toller Weg, um zu lernen und Erfahrungen zu sammeln. Deswegen würde ich auch jedem empfehlen, im Referendariat mal in eine Großkanzlei reinzuschnuppern oder vielleicht auch ein Praktikum zu machen, um zu sehen, wie die Menschen dort ticken. Für manche ist es wirklich genau das Richtige. Ich habe Freunde, die wollten schon immer zu einer Großkanzlei und finden es toll. Ich kenne andere, die waren in einer Großkanzlei, die haben irgendwann festgestellt: „Das ist zu krass, zu viel Druck, zu viel Arbeit. Ich will nicht jedes Wochenende arbeiten und nachts um 12 erst aus dem Büro kommen und deswegen mache ich was anderes.“

Großkanzlei – eine von vielen Karriereoptionen für Anwälte

Ich versuche immer zu vermitteln, dass es neben der Großkanzlei, dem Beruf als Staatsanwalt oder Richter, noch viele andere Möglichkeiten gibt. Man kann zum Beispiel auch in einer kleinen Kanzlei Karriere machen oder sogar als selbstständiger Anwalt. Der Vorteil ist, man ist absolut selbstbestimmt. Man bekommt natürlich nicht 140.000 Euro im ersten Jahr bzw. man kann es schaffen, wenn man die Mandanten hat. Aber ich halte es trotzdem für richtig und wichtig, sich alles anzuschauen und dann für sich zu entscheiden, was man eigentlich machen möchte.

Nicht so einfach! Von Großkanzlei zur Selbstständigkeit

Wenn man damit liebäugelt, sich selbstständig zu machen und davor in einer Großkanzlei gearbeitet hat, bringt das allerdings zwei Probleme mit sich. Man wird keinen Mandanten mitnehmen können. Mandanten von Großkanzleien sind nicht dort, um mit einem bestimmten Anwalt zusammenzuarbeiten. Die wollen, dass ein bekannter Kanzleiname über ihrem Gutachten steht. Denn bei den Inverstoren können sie sich dann besser rechtfertigen: „Wir haben hier eine Top-Kanzlei, die haben einen großen Namen mit Büros in den USA. Das muss stimmen.“ Die bezahlen hier auch die Marke.

Die zweite Schwierigkeit, auf die man treffen könnte ist, dass man in der Großkanzlei sehr spezialisiert arbeitet. Ich habe einen Bekannten, der hat Litigation bzw. Prozessführung gemacht, aber in diesem Bereich nur sehr spezielle Themen in Form von Gutachten bearbeitet. Er hat dabei nie einen strategischen Überblick bekommen oder gar strategische Entscheidungen treffen können. In einer Großkanzlei ist man hochspezialisiert und arbeitet in einem großen Team.

Ich kann nur sagen: Man kann nur dann etwas entscheiden, wenn man alle Optionen und Möglichkeiten kennengelernt hat! Sonst trägt man es immer mit sich rum und fragt sich: Hätte ich doch mal! Probiert die Karriereoption Großkanzlei also einfach für euch aus.

Video zum Beitrag:

Das Gehalt in der Großkanzlei | 140 000 EUR im ersten Jahr? | Jurastudium

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