Strafverteidiger

Was macht die Arbeit als Strafverteidigerin oder Strafverteidiger eigentlich so besonders? Strafverteidiger par excellence Prof. Dr. Florian Eder gibt uns in diesem Beitrag eine Einführung in diesen Beruf. Außerdem verrät er, inwiefern die Fälle in den Klausuren auf das richtige Leben als Strafverteidiger vorbereiten.

Dominik Herzog: Florian, was macht die Arbeit als Strafverteidigerin bzw. Strafverteidiger für dich so besonders?

Prof. Dr. Florian Eder: Das ist für mich in erster Linie, dass ich am Leben, am Herzschlag dabei sein möchte, insbesondere in Abgrenzung zum Zivilrecht oder Verwaltungsrecht, welches mir eher zu trocken ist. Stichwort: Schriftsatznachlass. Wenn man etwas nicht weiß, wird dieser beantragt. Das war für mich ein uninteressanter Vorgang. Im Strafrecht ist es so: Der Mandant ruft an, hat ein Problem – du musst vielleicht sofort raus, zum Polizeieinsatz oder etwas anderem. Man muss auch sehr viel regeln. Wichtig dabei ist: Man muss gut mit Menschen umgehen können, da oft auch ganze Familien involviert sind. Im Prozess ist es letztlich auch hochinteressant, da eine aufgeheizte Stimmung herrschen kann. Der Austausch mit der Staatsanwaltschaft, der Richterin oder dem Richter und der Verteidigung ist sehr lebendig und das macht einfach Spaß.

Dominik Herzog: Was hältst du von der klassischen Frage: Wie kannst du einen Vergewaltiger verteidigen?

Prof. Dr. Florian Eder: Da habe ich den Vorteil, dass ich nur Unschuldige habe.

Dominik Herzog: Ja! (lacht).

Prof. Dr. Florian Eder: Ich denke, dass ich das für mich relativ leicht arrangieren kann. Ich sage mir einfach: Egal, was jemand gemacht hat, jeder hat ein Recht auf ein faires Verfahren. Und für ein faires Verfahren brauchen wir eine Verteidigung. Denn: Wenn jemand etwas ganz Schlimmes gemacht hat, dann schreien die Medien danach, die Staatsanwaltschaft haut drauf, das Gericht ist regelmäßig not amused. Hinzu kommen die beteiligten Personen – die Geschädigten, die Opfer und die Angehörigen. Und dafür braucht man jemanden, der dieser Person die Fahnenstange hält.

Das heißt nicht, dass ich auf Biegen und Brechen auf einen Freispruch beharre. Kernpunkt ist das faire Verfahren und dafür braucht es eine Verteidigerin bzw. einen Verteidiger. Und die oder der wird sich nicht fraternisieren mit seinem Mandanten.

Dominik Herzog: Macht es für dich einen Unterschied, wenn du weißt was jemand getan hat oder nicht?

Prof. Dr. Florian Eder: Es sollte keinen Unterschied machen – natürlich weiß ich etwas mehr als manch anderer, aber mein Hauptfokus ist ein faires Verfahren. Ob ich weiß, ob sie oder er schuldig ist oder nicht, darf mich eigentlich in meiner Verteidigungshandlung nicht beeinträchtigen. Denn dann wird generell ein Fehler gemacht.

In manchen Situation frage ich den Mandanten also nicht unbedingt: Hast Du es getan oder nicht? Ich gehe mit der Aktengrundlage zu ihm und sage: „Laut Akten ist es wie folgt.“ Ich sage natürlich manchmal schon zum Mandanten, dass es wichtig sein kann, Hintergründe zu kennen, die der Aktenlage nicht zu entnehmen sind. Das kann sich auch drehen in einem Prozess, dann ist es gut, wenn ich vorbereitet bin.

Dominik Herzog: Wer ist für Dich wichtiger: die Staatsanwältin bzw. der Staatsanwalt oder die Richterin bzw. der Richter?

Prof. Dr. Florian Eder: Am Ende des Tages spricht das Gericht das Urteil, da interessiert mich die Staatsanwaltschaft sekundär. Wenn ich allerdings im Vorfeld einen „Deal“ aushandeln möchte, dann ist diese schon vonnöten.

Dominik Herzog: Ich bin ja eher im zivilrechtlichen Bereich tätig und habe für meinen Bereich festgestellt, dass der berufliche Alltag sehr viel weniger komplex ist als das, was man im Studium gelernt hat. Ist das im Strafrecht auch so?

Prof. Dr. Florian Eder: Klausurbezogen kann man sagen, dass nicht jeder einzelne Meinungsstreit später einmal nützlich sein wird. Aber von der Komplexität her kommt es auf die Deliktsgruppen an. Bei einer normalen Körperverletzung hat man das zum Beispiel relativ schnell durch subsumiert.

Aber wenn man zum Beispiel § 266 a StGB betrachtet (Vorenthalten/Veruntreuung von Arbeitnehmerentgelt): Was alleine in dieser Norm drinsteckt – die haben wir im Studium nie durchgeprüft. Aber was dort drinsteckt – materiell-rechtlich, aber auch wie man verfahrensrechtlich mit der Norm umgeht – das geht richtig in die Tiefe und man muss sich dort richtig „eingraben“. Dafür ist man durch das Studium nicht wirklich gesattelt.

Dominik Herzog: Du bist ja auch Professor an der Polizeihochschule in Baden Württemberg. Würdest du sagen, dass es eine größere Herausforderung ist, diese Polizisten auszubilden als Studierende?

Prof. Dr. Florian Eder: Ja, das ist tatsächlich sehr interessant. Du erfährst sehr viel von den internen Vorgängen und davon, was Polizisten denken. Oftmals sind die für uns Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger etwas verschlossen. Aber ich finde den Austausch hochinteressant, da Polizisten auch je nach Erfahrungsgrad sehr viel darüber erzählen können, was sie erlebt haben.

Dominik Herzog: Die waren dann auch schon beispielsweise bei einer Hausdurchsuchung dabei und kennen eine solche Situation aus der Perspektive eines Polizisten vor Ort und nicht aus der Perspektive einer Richterin bzw. eines Richters, die oder der den Beschluss unterzeichnen muss.

Prof. Dr. Florian Eder: Genau! Kurz zur Richterin/zum Richter und zur Staatsanwaltschaft: Die sind nie in einem Gefängnis. Die kennen das auch nicht, wenn der Mandant zusammenbricht. Für die ist der Mandant eine Akte, den sehen sie dann bei der Hauptverhandlung. Was dahinter steckt, ist immer die Kunst, das rüberzubringen.

Für die Richterin oder den Richter bist du eine Akte.

Dominik Herzog: Was würdest du mit deiner Berufserfahrung und Lehrerfahrung in Regensburg Studierenden für ihre Klausuren empfehlen?

Struktur! Wie in jeder Klausur – ich lese den Text durch, dann kenne ich die Fallfrage ungefähr. Dann klopfe ich Satz für Satz ab. Schaff dir auch die Basics drauf. Spinnen machen auch zuerst Querfäden und dann spannst du ein, und es wird immer verästelter. Vielleicht sollte man auch überlegen, deutlich zu schreiben. Irgendjemand muss das auch lesen – je leichter du es ihr oder ihm machst, zum Beispiel durch Absätze, dann kommt bei der Prüferin oder beim Prüfer eher der Hakenreflex.

Das ganze Interview gibt es hier:

Was macht eigentlich ein Strafverteidiger? #Dominiktrifft Prof. Florian Eder

Foto:Adobe.Stock/©motortion

mkg-jura-studis.de