Notar

Was macht eigentlich ein Notar? Obwohl der Notarberuf neben dem Anwalts- und Richterberuf zu den klassischen juristischen Berufen gehört, wissen wenige, wie der Arbeitsalltag eines Notars wirklich aussieht.

Stattdessen halten sich hartnäckig Vorurteile, wie z. B. dass Notare und Notarinnen allein durch die Unterzeichnung von Urkunden eine Menge Geld verdienen. Notar Dr. Josef Zintl verrät im Interview, was er an seinem Beruf besonders schätzt, welche Voraussetzungen man mitbringen sollte und welche Aufgaben zum Notarberuf gehören, die man nicht erwarten würde.

Lieber Herr Dr. Zintl, Sie haben zusätzlich zu Ihrem Jurastudium promoviert und mehrere Studiengänge abgeschlossen. Wieso haben Sie sich bei all den Möglichkeiten, die Ihnen offenstanden, letztendlich für den Notarberuf entschieden?

Am Notarberuf schätze ich den direkten Kontakt zu den Mandanten und Mandantinnen. Die Fragestellungen, die mir im Berufsalltag begegnen, sind sehr vielseitig. Sie erfordern umfassende Rechtskenntnisse sowie wirtschaftliches und steuerliches Verständnis. Es macht Spaß, den Mandanten und Mandantinnen maßgeschneiderte Lösungen zu liefern und einen echten Mehrwert zu generieren. Wenn zum Beispiel jemand ein Testament beim Notar erstellen lässt, hat er auch wirklich etwas davon. Die Erbfolge ist klar geregelt und es gibt später weniger bzw. keinen Streit. Das macht auch die Mandanten und Mandantinnen glücklich. Täglich begegnen mir unterschiedliche Menschen aus allen sozialen Schichten mit ganz unterschiedlichen Hintergründen. Das macht den Berufsalltag sehr bunt – und das ist schön.

Auch die Personalführung im Notariat ist sehr abwechslungsreich und interessant. Man muss sich als Chef um sehr viel kümmern und hat die Möglichkeit, die eigene Notarstelle nach seinen eigenen Wünschen zu gestalten. Als Selbständiger oder Selbständige kann man etwas aufbauen und die Arbeitsabläufe nach den eigenen Vorstellungen gestalten. Insgesamt ist der Notarberuf also sehr vielseitig und bietet viele Entfaltungsmöglichkeiten. Ich bin beispielsweise auch noch als Professor an einer Hochschule tätig. Viele Notarinnen und Notare schreiben Fachbücher und halten Vorträge. Das passt gut zusammen, weil man sich so ständig neuen Herausforderungen stellen kann, die einem auch im Berufsalltag begegnen. Denken Sie etwa an die vielen Gesetzesänderungen, die man immer wieder auf dem Tisch hat.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Meist fange ich morgens um halb acht mit dem Beurkunden an. Meine Mandanten und Mandantinnen schätzen frühe Termine, da sie danach selbst noch arbeiten müssen. Ich habe tagsüber ein sehr abwechslungsreiches Programm. Es wechseln sich Beurkundungen und viele andere Tätigkeiten ab. Dazu zählen zum Beispiel Telefonate mit Mandant:innen, Steuerberater:innen, Rechtsanwält:innen, Behörden und Gerichten. Auch Mitarbeitergespräche müssen geführt werden – daneben gibt es organisatorische Tätigkeiten und am Abend gelegentlich eine gesellschaftliche Veranstaltung. Also insgesamt ein sehr bunter Arbeitsalltag mit verschiedensten Tätigkeiten. Man ist als Notar oder Notarin eben nicht nur Fachexperte, bzw. -expertin, sondern muss auch den ganzen Laden managen. Das macht Spaß, ist mitunter aber auch ganz schön anstrengend.

Welche Aufgaben und Bereiche mögen Sie an Ihrem Beruf und welche eher weniger?

Die fachliche Arbeit ist sehr interessant. Jeden Tag begegnen mir neue Rechtsprobleme, die ich so noch nicht gesehen habe. Dann muss man im Kommentar nachschlagen oder sich mit Kollegen und Kolleginnen oder Mitarbeitenden besprechen. Das ist sehr spannend. Auch den Kontakt mit den Mandanten und Mandantinnen schätze ich. Ich erkläre gerne die rechtlichen Dinge in Laiensprache und helfe den Mandanten und Mandantinnen, meine Verträge auch als Nichtjuristen zu verstehen. Leider arbeitet man häufig unter sehr hohem Zeitdruck. Das ist durchaus anstrengend. Auch die Suche nach Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen gestaltet sich mitunter schwierig. Das sind dann die Punkte, die mich schon einmal belasten.

Welche Voraussetzungen sollte man – neben sehr guten Noten – für den Beruf als Notar oder Notarin mitbringen?

Man sollte auf jeden Fall örtlich flexibel sein. Als Notar oder Notarin kann man sich seinen Standort nur sehr bedingt aussuchen. Es ist wichtig, dass man bereit ist, seine Zelte auch an einem Ort aufzuschlagen, den man vorher vielleicht noch nicht kannte – und dass man auch offen auf neue Leute zugeht, die man am neuen Standort kennenlernt. Man sollte bereit sein, sich in die örtliche Gemeinschaft zu integrieren. Außerdem sollte man ein Gespür für Menschen haben. Das betrifft zum einen die Mandanten und Mandantinnen, die ja sehr unterschiedlich sind. Das betrifft aber auch den Umgang mit den Mitarbeitenden. Da gibt es immer wieder Themen, die man mit Menschlichkeit und Empathie klären muss. Und schließlich sollte man Spaß am Managen haben. Denn eine Notarstelle ist mehr als nur Urkunden vorlesen. Mein Kollege und ich bauen zum Beispiel gerade ein neues Gebäude, in dem wir dann unsere Notarstelle unterbringen können. Das ist etwas ganz anderes als Rechtsfragen im Kommentar zu klären. Und das muss man natürlich wollen. Wenn man Angst vor der Vielfalt dieser Aufgaben hat, dann sollte man besser nicht Notar oder Notarin werden.

Welche Rolle spielen Legal Tech und Digitalisierung in Ihrem Beruf?

Notare und Notarinnen sind Vorreiter im elektronischen Rechtsverkehr. Bereits seit 2008 gestalten Notare und Notarinnen den ausschließlich elektronischen Rechtsverkehr bei Handelsregistersachen. Derzeit werden auch alle anderen Register- und Grundbuchsachen digitalisiert. 2022 kommt das elektronische Urkundenarchiv mit elektronischer Aktenführung. Zukünftig gibt es auch für GmbH-Gründungen Online-Beurkundungen. Allerdings sollte die Beurkundung vor Ort nicht gänzlich entfallen, da sie einen Mehrwert liefert. Bei physischer Präsenz wird besser verhandelt und die erforderlichen Feststellungen zur Geschäftsfähigkeit und bei Willensmängeln sind vor Ort einfach besser zu treffen. Auch an eine Verdrängung der Notare und Notarinnen durch die Blockchain ist nicht zu denken, da die rechtlichen Verhältnisse bei Grundstückstransaktionen viel zu komplex sind, um in einer Blockchain abgebildet zu werden.

Es wird oft gesagt, dass die Zulassung als Notar oder Notarin gleichbedeutend mit dem Erwerb einer Gelddruckmaschine ist. Aber wie viel Geld kann man als Notar oder Notarin wirklich verdienen?

Die Bandbreite ist sicher geringer als bei Rechtsanwälten und – anwältinnen. Vor allem Anwälte und Anwältinnen in internationalen Großkanzleien können zum Teil extrem hohe Stundensätze durchsetzen. Das geht als Notar oder Notarin nicht. Beim Notar gibt es eine Mischkalkulation aus verpflichtenden kostenfreien Tätigkeiten und der Vereinnahmung von höheren Gebühren bei sehr hohen Werten des betroffenen Rechtsgeschäfts. So wird ein sozialer Ausgleich geschaffen. Jeder soll die Möglichkeit haben, sich höchstqualifizierten Rechtsrat einzuholen. Das soll auch in strukturschwächeren Regionen möglich sein. Das Einkommen eines Notars oder einer Notarin hängt also von ganz verschiedenen Faktoren ab. Eine allgemeingültige Antwort kann man da leider nicht geben.

Neben Ihrem Jurastudium haben Sie auch angefangen, BWL zu studieren. Wie haben Sie es zeitlich geschafft, zwei so lernintensive Studiengänge miteinander zu vereinbaren?

Ich war schon sehr eingespannt, das muss ich zugeben. Für andere Aktivitäten blieb da nicht mehr so viel Zeit. Wichtig war es, effizient zu arbeiten. Ich hatte immer sehr gute Unterlagen, die mir das Lernen erleichtert haben. Und ich hatte gute Mentoren und Mentorinnen, die mir gesagt haben, was ich lernen soll. Vor allem im Jurastudium hat mir das extrem geholfen. Da kann man nämlich sehr viel lernen und trotzdem im Examen nicht erfolgreich sein. Umgekehrt kann man sehr gute Noten schreiben, wenn man das Richtige lernt. Außerdem hatte ich eine hervorragende Lernpartnerin. Wir haben uns den Stoff gegenseitig erklärt. So musste einer immer nur die Hälfte des Stoffs erarbeiten. Gute Lernpartner und Lernpartnerinnen sind auf jeden Fall ganz zentral.

Was sind Ihre persönlichen Tipps für ein erfolgreiches Jurastudium? 

Ich würde ganz viel mit Fällen arbeiten. Dann hat man immer gleich ein praktisches Anwendungsbeispiel und versteht die abstrakten Theorien viel besser. Außerdem würde ich Originalurteile lesen. Urteile vom Bundesgerichtshof sind beispielsweise mustergültig aufgebaut und bei den rechtlichen Ausführungen kann man wahnsinnig viel lernen. Natürlich würde ich mir auch einen sehr guten Lernpartner oder eine Lernpartnerin suchen, um mit ihm oder ihr über den Stoff zu diskutieren. Das hat mir persönlich enorm geholfen. Ich denke, es ist wichtig, dass man kontinuierlich lernt und immer fleißig ist. Man sollte das Jurastudium als Job begreifen. Andere müssen auch acht Stunden am Tag arbeiten. Dann kann man auch acht Stunden am Tag lernen. Dafür hat man danach dann auch richtig tolle Jobaussichten, wenn man ein gutes Examen schreibt.

Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen!

 

Weitere juristische Berufsbilder lernt ihr in der mkg-jura-studis.de-Spezialausgabe „Jurastudium – und dann?“ kennen:

Hier gratis downloaden

Foto: Adobe.Stock/©Patrick Daxenbichler

mkg-jura-studis.de