Justizministerkonferenz

Verzicht auf Bildung einer Gesamtnote aus universitärer Schwerpunktprüfung und staatlicher Pflichtfachprüfung?

Am 7. November 2019 fand die 90. Justizministerkonferenz statt. Zu den Beschlüssen gehörte eine Bitte an die Bundesministerin der Justiz und Verbraucherschutz, einen Gesetzesentwurf mit folgendem Ziel vorzulegen: „wegen der Verschiedenartigkeit der staatlichen Pflichtfachprüfung und der universitären Schwerpunktbereichsprüfung künftig auf die Bildung einer Gesamtnote zu verzichten und im Zeugnis über die erste Prüfung beide Noten getrennt auszuweisen“, so die Formulierung der Justizministerkonferenz. Noch handelt es sich hierbei lediglich um einen Beschluss – doch welche Auswirkungen hat es, wenn dieser tatsächlich in einem Gesetz mündet? Der Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften (BRF) bekundete bereits auf seiner Website, dass der Verzicht auf Bildung einer Gesamtnote zwangsläufig zu einer Entwertung und schrittweisen Abschaffung des Schwerpunkts führe.

Die Position des BRF

In einer Pressemitteilung des Verbands heißt es:

„Besonders bestürzt uns, dass sich die Justizminister*innen mit ihrem Beschluss gegen die Position nahezu aller Betroffenen stellen und die Empfehlung des vorbereitenden Koordinierungsausschusses vollständig übergehen.“

Marc Castendiek, BRF-Vorsitzender kommentiert:

„Der Austausch der letzten Jahre wird so vollständig entwertet. Für alle diejenigen, die sich seit Jahren engagiert im Schwerpunkt einbringen, stellt dieser Beschluss einen Schlag ins Gesicht dar.“

Sein Stellvertreter Broder Ernst ergänzt, dass die Möglichkeit, den Schwerpunkt in die Endnote einfließen zu lassen, bisher eine besondere Motivation für die Studierenden darstelle. Würde diese beliebte Gestaltungsmöglichkeit der fachlichen Spezialisierung abgeschafft werden, sinke die Attraktivität des Jurastudiums weiter und verstärke somit langfristig den wachsenden Jurist*innenmangel.

Wird die Note der Pflichtfachprüfung jetzt alles entscheidend?

Der BRF hebt in seiner Stellungnahme zudem hervor, dass das Schwerpunktstudium damit im nationalen Bereich keine Auswirkungen mehr auf die späteren Berufschancen haben werde und komplett hinter der Note des Staatsexamens zurückweicht:

„Vielmehr würde es zu einem bloßen Anhängsel im Studium, dessen Aufwand weder für juristische Fakultäten noch für die Studierenden in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Nutzen stünde. Der Schwerpunkt wird so mittelfristig noch stärker in die Kritik geraten und am Ende eines neuen Diskussionsprozesses dürfte die Abschaffung des Schwerpunktstudiums stehen. […] Es ist schwer vorstellbar, dass sich die zukünftigen Abiturientinnen und Abiturienten in großen Zahlen für ein Studium entscheiden werden, das in seinem Aufbau dem Studienverlauf ihrer Großeltern entspricht und ihnen über fünf Jahre keine ernsthaften Möglichkeiten lässt, ihren persönlichen Neigungen nachzugehen und ein Rechtsgebiet ihrer Wahl wissenschaftlich zu hinterfragen. Die Justizministerinnen und Justizminister sollten beachten, dass neben „Recht“ auch das Wort „Wissenschaft“ in der Studiengangsbezeichnung steht. Der beiden Justizministerien spürbare Mangel an Nachwuchs dürfte sich mit einer Senkung der Attraktivität des Studiums verstärken.“

Die langfristigen Folgen des Beschlusses

Sollte es tatsächlich zur Durchsetzung des Bestrebens kommen, so kann dies auch ganz konkrete Auswirkungen für junge Absolventinnen und Absolventen haben – auch wenn die JustizministerInnen behaupten, dass der Beschluss zunächst den Druck, der auf den Studierenden lastet, verringere. Der BRF betont in diesem Zusammenhang:

„Besonders zynisch erscheint die Annahme, durch den Verzicht auf eine einheitliche Gesamtnote werde der im Schwerpunktbereich bestehende Druck für die Studierenden verringert. Diese ignoriert schlicht, dass der psychische Druck im Studium in der Pflichtfachprüfung anzusiedeln ist und durch die vollständige Konzentration auf den Pflichtstoff gerade erhöht wird.“

Weniger AbsolventInnen mit der Note vollbefriedigend?

Was meint der BRF damit? Durch eine getrennte Aufführung der Noten der Pflichtfachprüfung und des Schwerpunktbereichs kann sich die teils heute schon wirkende Tendenz verstärken, dass potenzielle Arbeitgeber verstärkt auf die Note des staatlichen Teils achten. Der Schwerpunktbereich wird so langfristig immer weniger gewürdigt, obgleich er auf dem Zeugnis der einzige Anhaltspunkt für die individuellen Neigungen der Bewerberin oder des Bewerbers ist. Es dürfte sich zudem beispielsweise die Frage stellen, wie Großkanzleien ihren Ruf, Absolventinnen und Absolventen mit mindestens vollbefriedigenden Examen zu gewinnen, aufrechterhalten wollen. Denn was ist, wenn durch einen solchen Beschluss Kandidatinnen und Kandidaten, die durch die Bildung einer Gesamtnote auf ein „vollbefriedigend“ gekommen wären, dies nicht mehr vorweisen können?

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