Bewerbung Jurist

In diesem Beitrag geht es um die Frage: Wie bewerbe ich mich eigentlich richtig für einen Praktikumsplatz? Dabei geht es nicht ausschließlich um Praktikumsplätze, sondern um jede Art von Stationen im Referendariat – oder auch um jede Art von Job, die ihr anstrebt.

Nicht nur ihr profitiert von einem Praktikum – auch der Arbeitgeber

Eine ganz wichtige Frage, und ein Punkt, den ganz viele Bewerberinnen und Bewerber aus meiner Sicht falsch machen, ist, dass sie sich grundsätzlich immer nur fragen: Was kann die Kanzlei oder das Unternehmen für mich tun? Kann diese mir ein Zeugnis ausstellen? Können sie mir einen Einblick in ihre Arbeit gewähren? Ihr müsst euch aber auch immer fragen (um eine gute Verhandlungsposition zu haben!): Was könnt ihr eigentlich für die Kanzlei tun? Was könnt ihr für das Unternehmen tun? Wie könnt ihr dem Unternehmen oder der Kanzlei helfen, in einem Bereich voranzukommen, in dem ihr vielleicht mehr Wissen habt als die Kanzlei?

Beispiel: Ihr sagt, ihr wolltet schon immer einen Einblick in das Familienrecht bekommen. Jetzt gibt es bei euch im Ort eine coole Familienrechtskanzlei und ihr sagt: „Die würde ich mir gerne einmal anschauen.“ Ihr habt auch schon verschiedene Sachen von der Kanzlei gehört, euch fällt aber auf, dass die Kanzleiwebsite – gelinde gesagt – unterirdisch ist. Ihr kennt euch gleichzeitig ein bisschen mit WordPress aus und könntet euch ohne weiteres bei der Entwicklung einer neuen Kanzleiwebsite einbringen. Oder ihr seid bei Instagram aktiv und wisst, wie man dort Follower generiert. Dann muss euch genau dies bewusst sein! Ihr könnt natürlich fachlich und was den Job des Anwalts angeht in diesem Beispiel der Familienrechtskanzlei eine Menge lernen. Aber genauso kann die Chefin oder der Chef der Kanzlei von euch eine Menge lernen – in diesem Falle, über die sozialen Medien oder über das Internet.

Seid euch über eure individuellen Stärken im Klaren

Wenn ihr eure Bewerbung schreibt, dann denkt „out-of-the-box“. Seid nicht 0815 – auch ein schönes Schlagwort. Macht es nicht so, wie es jeder macht. Versucht, ein bisschen aus der Masse herauszustechen und genau darauf hinzuweisen, was ich eben schon angesprochen habe – nämlich, dass ihr der Kanzlei auch weiterhelft.

Es geht nicht nur darum, dem Arbeitgeber Zeit zu kosten. Denn ein Praktikum, das bringt dem Chef nicht so wahnsinnig viel, außer, dass er von einer Ressource, von der er wahrscheinlich relativ wenig hat – nämlich Zeit – etwas abgeben muss, um eine Praktikantin oder einen Praktikanten anzulernen. Wenn ihr aber gleichzeitig schon verständlich gemacht habt, was ihr vielleicht der Kanzlei auch geben könnt, dass ihr auch Ideen habt, wie man manche Dinge anders machen könnte, im Bereich des Marketings oder der digitalen Selbstdarstellung und Kommunikation, dann weist darauf hin.

Löst euch von Floskeln und konservativen Anschreiben

Ihr müsst nicht immer ein super konservatives Anschreiben mit den üblichen Floskeln formulieren, wie z. B. „Ihre Kanzlei ist mir wohl bekannt“. Seid ruhig ein bisschen lockerer – natürlich immer ausgehend davon, wer der Chef ist. Wenn der Chef ein 70-jähriger Kollege ist, dann würde ich den natürlich nicht per Facebook anschreiben und sagen: „Hey, wie sieht es aus? Kann ich mich bei dir bewerben?“

Aber wenn das ein jüngerer Kollege oder eine jüngere Kollegin ist, warum diese nicht über Xing oder LinkedIn kontaktieren und so den Kontakt aufbauen? Denn ihr wisst, zukünftig, vor allem im juristischen Bereich, geht die Tendenz immer mehr dahin, dass die Kanzlei sich bei der Bewerberin bzw. beim Bewerber „bewerben“ muss. Also: Ihr müsst da nicht so spießig rangehen. Genauso sind 0815-Allerweltsfloskeln unnötig wie: „Ich wollte schon immer Anwältin bzw. Anwalt werden.“. Macht es stattdessen konkret und authentisch. Schreibt nichts in euer Anschreiben, was nicht wirklich auch so ist.

Denn nichts ist peinlicher als zu sagen: „Pass mal auf, ich bin dein Instagram-Profi und dein Website-Programmierer“, wenn ihr tatsächlich noch nie in eurem Leben irgendetwas mit Instagram oder einer Website zu tun hattet. Also bleibt authentisch. Seid proaktiv. Proaktivität wird immer belohnt. Ihr könnt lange suchen, bis ihr mal eine spannende Anzeige für eine Praktikantenstelle oder eine Praktikantinnenstelle findet, denn das ist nichts, was an erster Stelle der Agenda einer Kanzlei oder eines Unternehmen ist. Aber seid deswegen umso proaktiver.

Fragt nicht, ob ihr euch bewerben dürft

Übrigens: Wartet nicht auf eine Einladung. Fragt nicht: Darf ich Ihnen meine Unterlagen zuschicken? Denn dann besteht immer die Gefahr, dass ihr ein Nein bekommt. Schickt eure Bewerbungsunterlagen und schreibt einen ansprechenden Text dazu, in dem steht, was ihr genau der Kanzlei oder dem Unternehmen bringt.

Banal, aber wichtig: Achte auf vollständige und ordentliche Bewerbungsunterlagen

Ich kann euch eines sagen: Kein Chef freut sich darüber, wenn er eine auf den ersten Blick ansprechende Bewerbung bekommt, die vom Ton her nicht 0815 ist, sondern bei der man merkt: Dahinter steckt eine spannende Persönlichkeit. Eine, beider man ein bisschen angefixt ist als Chef, und dann merkt: „Oh, die Unterlagen sind entweder nicht vollständig oder irgendwie unsauber. Das passt nicht.“ Achte darauf, dass alle Unterlagen, also Zeugnisse, Abiturzeugnisse, Zeugnisse von anderen Praktika, vielleicht auch ein paar Klausurenzeugnisse, dabei sind. Packt eure Unterlagen sauber und vor allem vollständig mit dazu. Es gibt auch später nichts Schlimmeres als eine Bewerbung auf einen Job als Anwältin oder Anwalt, wenn man feststellt – das Examenszeugnis ist nicht dabei. So locker ihr, je nach Gegenüber, beim Anschreiben oder in der E-Mail sein könnt, so akkurat sei bitte, bei den Unterlagen. Guckt, dass das sauber gescannt ist in einer ordentlichen Qualität. Und auch nicht 20 Gigabyte Speicherplatz in der E-Mail einnimmt, sondern komprimiert ist.

Bleibt euch selbst treu!

Ganz wichtig ist, dass ihr euch immer treu bleiben müsst. Es bringt nichts, wenn ihr eigentlich eher spießig seid und versucht, auf locker zu machen und anders herum wirkt es auch nicht authentisch, wenn ihr eine eher ausgeflippte Persönlichkeit mit einem Irokesenschnitt und bunten Klamotten seid und dann ein sehr konservatives Anschreiben verfasst. Das ist eigentlich der wichtigste Tipp, der dann auch für das Bewerbungsgespräch gilt. Wenn ihr so weit gekommen seid, dass der Chef oder die Chefin euch einlädt, dann seid authentisch und seid euch darüber im Klaren, dass ihr jede Antwort, die ihr gebt, auch begründen müsst. Also bleibt möglichst immer auf dem Boden der Tatsachen, und sagt nichts, was ihr nicht wirklich so meint. Sonst kommt ihr ziemlich schnell in Teufelsküche.

In diesem Sinne: Viel Erfolg für Eure Bewerbung!

Foto:Adobe.Stock/©ABO Photography

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