Legal Tech Labor

Was sind die Auswirkungen der Blockchain-Technologie, von Smart Contracts, eines zukünftigen KI-Richters und allgemein von Legal Tech auf die juristische Ausbildung der Zukunft? Müssen Studierende sich neben Jura auch mit Programmieren und Informatik beschäftigen? Wie ist die Wertung des Phänomens Legal Tech in der juristischen Ausbildung einzuordnen und zu berücksichtigen? Mit diesen Fragen haben sich Studierende im Rahmen des „Legal Tech Labors“ an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) auseinandergesetzt.

Zum „Legal Tech Labor“ der FAU Erlangen Nürnberg

Am 24. und 25.05.2019 fand an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg ein durch Dr. Martin Zwickel, Rechtsanwalt Baltasar Cevc und dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Michael Keuchen betreutes Legal Tech Labor (LTL) statt. Studierende aus Passau, Bayreuth, Würzburg und Erlangen untersuchten in Gruppenarbeiten und mithilfe eines Rollenspiels die möglichen Auswirkungen des Phänomens „Legal Tech“ auf die zukünftige juristische Ausbildung. Die Veranstaltung ermöglichte einen ergiebigen Austausch von diversen Ansichten und Ideen zwischen Studierenden und Lehrenden. Durch Diskussionen und Austausch zwischen den Beteiligten, zum Beispiel über die Frage nach der Vergleichbarkeit eines Programmcodes mit einem juristischen Gutachten, oder ob das jetzige Jurastudium noch zeitgemäß ist, war die Teilnahme am LTL ein besonderes, interessantes und aufschlussreiches Erlebnis. Darüber hinaus wurden Impulsvorträge von Daniella Domokos und Notar Prof. Dr. Axel Adrian rezipiert.

Zum Begriff Legal Tech

Nach Ansicht des Verfassers gilt für den Begriff „Legal Tech“ folgender Definitionsvorschlag: Legal Tech ist die Gesamtheit aller Informationsverarbeitungstechnologien, welche eine Auswirkung auf Prozesse der Rechtsdienstleistung und Rechtsprechung sowie sonstige rechtlichen Beziehungen Rechtssubjekten haben. Sie erleichtern und beschleunigen einerseits diese Prozesse, andererseits bedeuten sie eine Disruption von herkömmlichen Tätigkeiten. Diese gehen beispielsweise von Buchhaltung, Mandantenakquisition, Erleichterung von Recherchearbeit, Schreiben von Schriftsätzen bzw. Berufungs- und Revisionsbegründungen, dem Verwaltungshandeln von Behörden bis hin zur Lösung von komplexen juristischen Problemen. Zudem besteht die Möglichkeit, dass öffentliche Register wie das Grundbuch mittels Blockchain-Technologie unterhalten werden können.

Einen ausführlicheren Definitionsvorschlag des Begriffes Legal Tech gibt es auf legal-tech.de.

Auswirkungen von Legal Tech auf die juristische Ausbildung?

Um die Frage nach den Auswirkungen auf die juristische Ausbildung der Zukunft zu untersuchen, haben die Studierenden in einem ersten Schritt mittels Gruppenarbeiten zu Thesen, wie „Die Blockchain wird in der Zukunft alle öffentlichen Register ersetzen“ oder „Wenn die KI da ist, übernimmt sie die Subsumtion von Juristen und deren Jobs fallen weg“ kritisch Stellung genommen. Zum Einstieg gab es zu jeder These ein kurzes Impulsvideo von Experten zu diesem Thema. Danach sammelten die Studierenden Ideen für eine Rezeption von Legal Tech in der juristischen Ausbildung der Zukunft. Diese wurden anhand von Originalität und Kosten-Nutzen-Relation (How-Wow-Now-Matrix) analysiert und ausgewertet. Zuletzt behandelten die Teilnehmer/innen die obige Frage nach einer angepassten Juristenausbildung in einem Rollenspiel (prototype testing), bei dem Studierende fiktive Rollen wie die des Dekans einer juristischen Fakultät, Vertreter der Studierenden, Mitglieder der Justizverwaltung, Personalrecruiter einer Großkanzlei und Praktiker verkörperten und deren Interessen zum Ausdruck brachten.

Legal Tech-Lehre braucht Interdisziplinarität

Die Gruppe ist zum Ergebnis gekommen, dass der technologische Fortschritt enorm ist. Ein Gleichlauf zwischen dem Recht und dem Fortschritt ist quasi unmöglich, da sich immer wieder neue rechtliche Probleme stellen, welche dann von der Rechtswissenschaft aufgearbeitet und gelöst werden müssen. Die Menge an Wissen wächst stetig, dennoch muss man den Überblick behalten. Andererseits muss das Jurastudium die Studierenden auf die Herausforderungen, die der technische Fortschritt mit sich bringt,  vorbereiten. Workshops und Zusammenarbeit mit anderen universitären Fakultäten und ein ergiebiger Wissensaustausch sowie die Einführung eines „Legal Tech“-Grundlagenfachs waren denkbare Ansatzpunkte, die herausgearbeitet wurden. Es kann nicht von einem/r Juristen/in erwartet werden, dass er/sie komplizierte Programmcodes schreiben kann und sich zudem noch mit Semantik und Logik auseinandersetzt und sich en passant noch mit schwierigen rechtlichen Problemen befassen darf. Daher ist eine Kooperation zwischen Informatikern, Philosophen, Semantikern und Juristen geboten. Jede dieser Disziplinen ist für das Verständnis des Phänomens „Legal Tech“ unentbehrlich.

Fazit: Unis müssen sich stärker mit Legal Tech auseinandersetzen

Das Jurastudium der Zukunft muss sich mit Themen rund um Legal Tech beschäftigen, um Studierende auf das Berufsleben vorbereiten zu können. Das LTL der FAU hat erste Impulse und Ansatzpunkte herausgearbeitet. Man muss sich aber noch weiter und expliziter damit befassen und das Terrain von Legal Technology erforschen, um Probleme zu erkennen und zu lösen.

Die FAU bietet bereits mit einer interdisziplinären Videoserie zu Legal Tech einen sehr guten Einstieg in die Thematik.

Bericht von Anton Danne, Foto von Michael Keuchen.

Über Anton Danne: Anton Danne ist Jurastudent an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg. Seine Interessen liegen im Recht des Geistigen Eigentums und in Legal Tech.

Über Michael Keuchen: Michael Keuchen ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Serviceeinheit „Lehre und Studienberatung“ und Doktorand bei Notar Prof. Dr. Axel Adrian an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg.

mkg-jura-studis.de