Durch die Corona-Pandemie kommt so manch ein Straftatbestand zu neuer Aufmerksamkeit. Nach der Fälschung und dem Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse nach §§ 277, 279 StGB ermitteln die Staatsanwaltschaften Deutschlands nun auch vermehrt wegen Subventionsbetrugs – Mitte vergangenen Jahres wurden bereits 2.300 Ermittlungsverfahren in der Bundesrepublik eingeleitet. Was Subventionsbetrug genau ist und inwiefern das Thema examensrelevant sein kann, wird in diesem Beitrag thematisiert.
Der Subventionsbetrug – ein Überblick:
Während der Betrug nach § 263 StGB gängiger Studienstoff ist, bleibt der Subventionsbetrug für den ein oder anderen noch erklärungsbedürftig:
Geregelt wird er in § 264 StGB und stellt das Erlangen von Leistungen aus öffentlichen Mitteln unter Strafe, wenn diese erst durch das Angeben falscher Tatsachen genehmigt wurden, jedoch wahrheitsgemäß kein Anspruch auf diese bestünde. § 264 soll insbesondere den Staatshaushalt schützen: Bei Subventionen handelt es sich nämlich um Leistungen an Betriebe und Unternehmen, die wenigstens zum Teil ohne eine marktmäßige Gegenleistung gewährt wurden und der Förderung der Wirtschaft dienen sollen.
Tipp: Ein Blick in den achten Absatz hilft, dort ist die „Subvention“ legaldefiniert!
§ 264 ist ein abstraktes Gefährdungsdelikt und setzt weder eine Täuschung noch einen hierauf basierenden Irrtum voraus, sondern knüpft vielmehr an die Subvention selbst an, um eine Vorverlagerung der Strafbarkeit in das Vorfeld des Betrugs zu vermeiden. Hierbei liegt der Schwerpunkt (insbesondere) darauf, ob es sich bei den Angaben um subventionserhebliche Tatsachen handelt. Dies ist zu bejahen, wenn die Angaben durch oder aufgrund eines Gesetzes vom Subventionsgeber als subventionserheblich bezeichnet sind oder die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention von ihnen gesetzlich oder nach dem Subventionsvertrag abhängig ist. Auch die „Zweckentfremdung“ der Subvention ist nach § 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB strafbar: So darf die finanzielle Förderung nicht für andere Kosten, wie die Deckung des eigenen Lebensunterhalts, verwendet werden.
Und was hat das jetzt mit Corona zu tun?
Subventionsbetrug und Corona – ein kleiner Rückblick:
Anfang des Jahres 2020 wurde die Bundesregierung mit einer Welle neuer Probleme überschwemmt, deren Auslöser der Beginn der Pandemie war. Im Frühling wurde die Wirtschaft so weit wie möglich heruntergefahren und die Bürgerinnen und Bürger angehalten, ihr Leben vorerst hauptsächlich in den eigenen vier Wänden zu führen. Hierunter litten, neben bekannten großen Unternehmen, auch Selbstständige und kleinere Gewerbe. Eine Lösung musste also her, welche die existenzbedrohende Lage vieler Betriebe möglichst schnell und effektiv abzufangen vermochte: Die Soforthilfeprogramme für Kleinstunternehmen und Soloselbstständige („Bundesregelung Kleinbeihilfe 2020“) wurden beschlossen. Der Schwerpunkt lag hierbei vor allem darauf, die bürokratischen Hürden so niedrig wie möglich zu halten, was deren Beantragung jedoch missbrauchsanfällig werden ließ.
BGH-Rechtsprechung
Bei diesen Corona-Soforthilfen handelt es sich um „verlorene Zuschüsse ohne eine marktgemäße Gegenleistung der Länder“, also um Subventionen nach § 264 StGB. Dies hielt auch der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Beschluss vom 4.5.2021 (Az. 6 StR 137/21) fest: Der Angeklagte hatte im Zeitraum vom 29.3.2020 bis zum 1.5.2020 in vier Bundesländern in insgesamt sieben Fällen Corona-Hilfen aus dem Soforthilfeprogramm des Bundes und der Länder beantragt – für ein Kleingewerbe, das tatsächlich nicht existierte. Auch nutzte er hierfür in drei Fällen fremde Personendaten. In vier Fällen kam es zur Auszahlung, die sich auf insgesamt 50.000 Euro belief. Die Revision des zu insgesamt vier Jahren und drei Monaten Haft Verurteilten blieb ohne Erfolg.
Wie schnell macht man sich strafbar?
Dass Unwissenheit (meist doch) nicht vor Strafe schützt, sollte aus dem Strafrecht hinlänglich bekannt sein. Auch für die Verwirklichung des Subventionsbetrugs wird Vorsatz gefordert, der sich auf das Angeben unrichtiger subventionsrelevanter Tatsachen bezieht. Nach § 264 Abs. 5 StGB wird jedoch auch der Subventionsnehmer bestraft, welcher die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt und hierdurch leichtfertig handelt. Die Strafbarkeit ist nur dann ausgeschlossen, wenn der Angeklagte irrig angenommen hat, seine Angaben seien richtig. Für die Praxis bedeutet dies, dass die Schwelle zur Strafbarkeit aufgrund der tatbestandlichen Aufnahme der Leichtfertigkeit ziemlich niedrig ist und – wie die Menge an Ermittlungsverfahren unterstreicht – wohl häufig überschritten wurde.
Strafschärfung durch Corona?
Besonders interessant im Zusammenspiel der Corona-Pandemie mit dem „klassischen“ Tatbestand des Subventionsbetrugs ist die Frage nach Strafschärfung. In § 264 Abs. 2 S. 2 StGB wird ein „besonders schwerer Fall“ des Subventionsbetrugs dann angenommen, wenn jemand aus grobem Eigennutz eine nicht gerechtfertigte Subvention größeren Ausmaßes erlangt. Diese Konstellation sah auch der BGH in obigem Fall gegeben und stimmte dem LG Stade (Urt. v. 16.12.2020, 600 KLs 141 DJs 21934/20) in seiner Einschätzung zu: Gerade das leichte „Herankommen“ an die finanziellen Hilfen, welche für diejenigen bereitgestellt wurden, die tatsächlich darauf angewiesen waren, sowie das Ausnutzen der akuten pandemischen Krise können sich strafschärfend auswirken.
Behörden haben Einsicht in Steuerakten
Wenn Behörden Anhaltspunkte für unrichtige Angaben bei der Antragsstellung haben, so kann in die Steuerakte des Betroffenen Einblick genommen werden: Hierbei handelt es sich nach Ansicht mehrerer Gerichte (beispielsweise des Landgerichts Aachen, Beschluss vom 16.11.2020 – 86 Qs 19/20) um eine zulässige Durchbrechung des Steuergeheimnisses.
Fazit – relevant fürs Examen?
Während es sich beim einfachen Betrug um einen Klassiker in strafrechtlichen Klausuren handelt, eignet sich der Subventionsbetrug unter Einbeziehung der „pandemischen Schwerpunkte“ und der aktuellen Rechtsprechung gut für eine Frage in der mündlichen Prüfung des Staatsexamens.
Foto: Adobe Stock/Wolfgang Filser