Prozessfinanzierer

Mauritius Nagelmüller pausiert derzeit sein Referendariat, um seine Doktorarbeit zu schreiben. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter gehört er seit August 2019 zum Team des Prozessfinanzierers Omni Bridgeway. Seine Begeisterung für diesen unter Jurastudierenden eher unbekannten Karriereweg entdeckte er jedoch schon während eines Schülerpraktikums. Im Interview mit mkg-jura-studis.de verrät er, was man mitbringen sollte, um in der Welt der Prozessfinanzierung als Jurist durchzustarten.

Herr Nagelmüller, wie haben Sie überhaupt erfahren, dass man sein Referendariat bei einem Prozessfinanzierer wie Omni Bridgeway machen kann?

Die Prozessfinanzierung ist ein spannendes und ständig wachsendes Fachgebiet, das in letzter Zeit immer mehr in den Fokus der (zumindest juristischen) Öffentlichkeit gerät. Bei mir war es zwar so, dass ich schon während meiner Gymnasialzeit ein erstes Praktikum bei einem Prozessfinanzierer absolviert und seitdem bei verschiedenen Finanzierern gearbeitet habe. Im Normalfall werden Referendare sicher über Freunde und Kollegen auf die Prozessfinanzierung aufmerksam, oder lesen in der juristischen Fachpresse über einen größeren Fall, der finanziert wird – und schon ist das Interesse geweckt!

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

An einem typischen Arbeitstag komme ich gegen neun Uhr ins Büro und bleibe bis etwa 18 Uhr oder bei Bedarf länger. Meistens warten in meiner Inbox oder als Papierakte neue Fälle auf mich, die ich auf ihre Eignung für eine Finanzierung prüfe. Kriterien dafür sind u. a., dass der Fall überwiegende Erfolgsaussichten hat, einen gewissen Mindeststreitwert übersteigt und der Gegner auch solvent genug ist, um im Falle einer entsprechenden Entscheidung zu zahlen. Meistens verfasse ich dann ein kompaktes Memo, in dem ich meine erste Einschätzung für den Case Manager gebe. In vielen Fällen entwerfe ich auch Schreiben an die Anspruchsinhaber oder deren Anwältinnen und  Anwälte, etwa wenn ich schon zwingende Gründe für eine Ablehnung der Finanzierungsanfrage erkenne. Sehr schön ist bei Omni Bridgeway in Köln auch, dass alle gemeinsam mittagessen. Meist holen wir uns etwas in einem kleinen Spaziergang und essen dann zusammen im Gemeinschaftsraum. Referendare können für gewöhnlich an Meetings wie Finanzierungsrunden teilnehmen, sowie auch mitunter bei Calls mit Mandanten oder Kolleginnen und Kollegen aus anderen Büros von Omni Bridgeway.

Was gefällt Ihnen aus fachlich-juristischer Sicht an den Themen, mit denen Sie bei Omni Bridgeway zu tun haben?

Die Vielfältigkeit! Wer juristisch auf hohem Niveau arbeitet, ist meistens sehr spezialisiert. So ist man etwa bei großen Kanzleien als Referendar/in oder wissenschaftliche/r Mitarbeiter/in meist auf eine bestimmte Abteilung beschränkt. Bei einem Prozessfinanzierer hat man die Gelegenheit, in ganz unterschiedliche Verfahren tief einzutauchen. Während mein Fokus auf internationaler Schiedsgerichtsbarkeit liegt, bekomme ich auch oft interessante Einblicke in das Arzthaftungsrecht, Bank- & Kapitalmarktrecht, Erbrecht, Kartellrecht und so weiter. Die Fälle sind in der Regel sehr spannend. Vom geschädigten Kleinanleger bis hin zum Multi-Millionen Schieds- oder Kartellverfahren kann alles dabei sein.

Welche Aufgabengebiete gefallen Ihnen eher weniger?

Manchmal ist es schwer, mitzuerleben, dass einem Anspruchsinhaber wirkliches Unrecht widerfahren ist und er nicht oder nur schwer zu seinem Recht kommt. Aber das kommt in anderen Fachbereichen auch vor und gerade bei David-gegen-Goliath-Prozessen kann die Prozessfinanzierung auch behilflich sein.

Was zeichnet Ihre Arbeit bei Omni Bridgeway im Vergleich zu anderen Wahlstationen aus?

Der Blick über den juristischen Tellerrand hinaus – im Zwischenbereich Law/Finance, die internationale Anbindung im größten Prozessfinanzierer mit 18 Büros weltweit, spannende und juristisch anspruchsvolle Fälle. Hinzu kommt intensives Training durch erfahrene Juristinnen und Juristen, klasse Kolleginnen und Kollegen, eine gute Arbeitsatmosphäre und nicht zuletzt ein schönes Referendarbüro mit technisch hervorragender Ausstattung.

Wie läuft das Bewerbungsverfahren ab?

Die Karriere-Sektion der Website lädt zu Initiativbewerbungen ein. Nach einem Bewerbungsgespräch mit einer führenden Mitarbeiterin oder einem führenden Mitarbeiter kann man mit einer zeitnahen Rückmeldung rechnen. Auf Begeisterungsfähigkeit wird – zurecht – besonderer Wert gelegt!

Haben Sie das Gefühl, dass die Uni Sie auf die Aufgaben, die Sie bei Omni Bridgeway bewältigen müssen, vorbereitet hat?

Teilweise. Erst letztens habe ich einen Fall mit Drittschadensliquidation bearbeitet, der so im Examen hätte vorkommen können. Je nach Schwerpunkt im Studium und juristischem Interesse kann man sich in die Arbeit der Case Manager in den einzelnen Bereichen sinnvoll einbringen. Dazu kommt ein finanzieller und praktischer Aspekt, der bei der Ausbildung in der Uni manchmal etwas zurückbleibt. Das sollte nicht zurückschrecken, sondern gibt Gelegenheit, beim Prozessfinanzierer in neue Bereiche einzusteigen und sich weiterzubilden.

Welche Kompetenzen braucht jemand, der/die als JuristIn bei Omni Bridgeway durchstarten möchte?

Neben guten juristischen Qualifikationen, wie gesagt, Begeisterungsfähigkeit! Man sollte Spaß daran haben, Fälle von juristischen, finanziellen und praktischen Seiten zu beleuchten. Am besten trifft es ein Zitat von Dr. Eversberg, Vorstand und Managing Direktor Germany bei Omni Bridgeway:  Denken wie Anwälte, fühlen wie Richter, entscheiden wie Investoren”, das macht auch in meinen Augen die Prozessfinanzierung im Kern aus. Dann braucht eine Finanzierungsentscheidung auch immer noch ein bisschen Mut.

Wie würden Sie Ihre Work-Life-Balance bewerten?

Sehr gut. Derzeit komme ich z. B. gerne etwas früher und gehe spät, damit ich in wenigen Arbeitstagen viel schaffen kann. Mit dieser Flexibilität unterstützt mich Omni Bridgeway bei meiner Dissertation, auf die ich mich an den restlichen Tagen ganz konzentrieren kann. Sehr späte Abende oder gar „All-Nighters”, wie es sie in manchen Großkanzleien gibt, sind für Referendare nicht zu befürchten.

Wie sehen Ihre weiteren beruflichen Pläne aus?

Derzeit befinde ich mich in einer Unterbrechung meines Referendariats am OLG Köln, um meine Dissertation abzuschließen. Hierzu habe ich mich entschlossen, um für mich das Beste aus der schwierigen Corona-Zeit zu machen. Anschließend geht es durch die zweite Hälfte des Referendariats und dann sehe ich weiter.

Herr Nagelmüller, ich danke vielmals für das Gespräch!

Das Interview führte Bettina Taylor.

Foto:Adobe.Stock/TippaPatt

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