Können Podcasts eine sinnvolle Unterstützung bei der stressigen Vorbereitung auf das Erste Staatsexamen sein? Ja, findet Cenk Nickel.
In seinem Podcast „JuraCast“ besprechen er und Kolleg:innen regelmäßig examensrelevante Fälle. Im Interview erzählt Cenk Nickel, was ihn dazu bewogen hat, einen Examenspodcast zu starten und warum Podcasts nicht nur für auditive Lerntypen eine Bereicherung bei der Examensvorbereitung sind.
Lieber Herr Nickel, Sie sind Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Potsdam. Zusätzlich dazu besprechen Sie (& Kolleg:innen) jede Woche in Ihrem Examenspodcast JuraCast examensrelevante Fälle. Ist die Idee dazu entstanden, weil Sie gemerkt haben, dass Sie gut darin sind oder eher, weil Ihnen so ein Format in Ihrem eigenen Studium gefehlt hat?
Ganz klar, weil mir ein solches Format gefehlt hat – dass ich besonders gut darin bin, würde ich selbst nicht unbedingt sagen. Wir verbringen in der Examensvorbereitung praktisch den ganzen Tag mit Lesen. Außerdem hat man ja bereits genug mit dem Lernen des materiellen Rechts und dem Schreiben von Klausuren zu tun. Es bleibt daher wenig Zeit, sich auch noch mit der aktuellen Rechtsprechung zu beschäftigen. Ich habe daher nach einem Podcast gesucht, der aktuelle Fälle auf Examensniveau behandelt – leider gab es da nichts. Nachdem ich an einem Tag verzweifelt nach etwas gesucht habe, mit dem ich mich vom Lernen ablenken konnte (wer kennt‘s nicht), bin ich nach Hause gefahren und habe die erste Folge aufgenommen. Eine gewisse Übung kam also erst mit der Zeit.
Welche Podcastfolge(n) würden Sie unseren Leserinnen und Lesern besonders empfehlen?
Schwierige Frage! Lasse, David und ich haben einen unterschiedlichen Vortragsstil – es ist also Geschmackssache. Inhaltlich befinden sich allerdings alle auf Examensniveau. Besonders empfehlen würde ich:
- Im Strafrecht die Folgen 19 (Klassiker: Hells Angels-Fall) und 35 (Containern – Diebstahl an weggeworfenen Lebensmitteln),
- im öffentlichen Recht die Folgen 32 (Corona-Maßnahmen) und 37 (Meinungsfreiheit vs. Beleidigung) und
- im Zivilrecht Folge 42 (Klassiker: Flugreisefall) und Folge 48 (Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Berichterstattung über eine Scheidung). Zur letzteren Folge gibt es ein Interview und eine Kommentierung von Prof. Dr. Christian Schertz, der die Klägerin in den Vorinstanzen vertreten hat (Folge 49).
Insgesamt ist die Folge mit Prof. Schertz eine meiner Lieblingsfolgen, weil es sich dabei um eine Mischung aus Interview zum Leben einer spannenden Person (für diejenigen, denen der Name nichts sagt: u. a. Anwalt von Jan Böhmermann im Erdogan-Verfahren) und Examenswissen handelt.
Wie entscheiden Sie, welche Themen bzw. Urteile im Examenspodcast besprochen werden?
Wir schauen uns sämtliche Ausbildungszeitschriften an (RÜ, JuS, JA und Co.) und evaluieren, welche Urteile vermehrt besprochen wurden. Daraus schließen wir eine gewisse Relevanz. Außerdem arbeiten wir eng mit Professorinnen und Professoren zusammen.
Wieso eignet sich Ihrer Meinung nach das Format Podcast gut, um Wissen für das Staatsexamen zu vermitteln?
Zeit ist eine begrenzte Ressource in der Examensvorbereitung. Ich würde jeder und jedem davon abraten, einen Examenspodcast zu hören, um ununterbrochen Jura zu machen und so das schlechte Gewissen zu beruhigen. Allerdings hat man manchmal Leerlauf und dafür eignen sich Podcasts ganz gut. Sie sind asynchron, jederzeit abrufbar und vor allem für auditive Lerntypen hilfreich. Ich habe die besten Erfahrungen damit gesammelt, auf unterschiedliche Lernmethoden zu setzen und ein wenig Abwechslung reinzubringen – das erleichtert das Dranbleiben.
Was sind Ihre persönlichen Tipps für Jurastudierende, um die Examensphase gut zu bewältigen?
Es hört sich selten dämlich an, aber: ruhig bleiben. Wirklich. Dieser Tipp wurde mir auch immer wieder gegeben und das habe ich dann augenrollend zur Kenntnis genommen. Im Nachhinein sehe ich, dass da vieles dran ist. Wenn man zwölf Stunden am Schreibtisch verbringt, sollte man einen Gang runterschalten. Außerdem, let’s be real: Wie viele Stunden davon sind wir konzentriert am Arbeiten? Wenn man – gerade im Homeoffice – Schwierigkeiten mit der Disziplin und der Konzentration hat, kann man unterschiedliche Techniken (zum Beispiel die Pomodoro-Technik) ausprobieren.
Der zweite Tipp, ebenso wenig ein Geheimtipp: Klausuren schreiben. Auch wenn man zehn Mal hintereinander drei Punkte ins Gesicht gedrückt bekommt. Das mag zwar das Selbstvertrauen zerfetzen (ich weiß wovon ich rede), aber: Das ist okay! Die Ergebnisse der Examensklausuren sind – und das können die meisten meiner Freund:innen und Kommilliton:innen bestätigen – im Schnitt oft besser als die Ergebnisse der Übungsklausuren.
Welche Voraussetzungen sollten unsere Leserinnen und Leser mitbringen, wenn sie Lust haben, sich an JuraCast zu beteiligen?
Spaß und Begeisterung am Stoff. Wenn das vorhanden ist, stimmt auch meistens die Qualität. Im Podcast geht es meines Erachtens nicht nur darum Stoff zu vermitteln, sondern auch die Leute bei der Stange zu halten. Auch wenn mir viele schreiben, dass sie unsere Podcasts gerne zum Einschlafen hören, sollten die Hörer und Hörerinnen am Ende mit dem Gefühl aus dem Podcast gehen, dass sie informiert und – jedenfalls soweit möglich – zu einem gewissen Grad unterhalten wurden. Das geht zwar nicht immer, aber Freude am Vortragen hilft dabei. Im Idealfall sollten sich die Beitragenden außerdem bereits einige Monate in der Examensvorbereitung befinden (kein Muss). Wenn Studierende der höheren Semester, Diplom-Jurist:innen, Doktorand:innen mitmachen möchten, können sie sich unter cenk@examenspodcast.de jederzeit melden.
Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen!
Das Interview führte Verena Schillmöller.
Alle Folgen von JuraCast sind bei Spotify, Apple Podcasts und Soundcloud abrufbar.
Mehr von JuraCast auch bei Instagram und auf der Website.
Ihr habt Vorschläge, welche Fälle bei JuraCast besprochen werden sollen? Dann schreibt eine Mail an cenk@examenspodcast.de !
Foto: examenspodcast.de