Neues Juraseminar soll Abhilfe schaffen
D: Es wird nicht gelehrt, aber funktioniert es denn? Mit wie vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern machst du den Kurs ungefähr?
AR: Maximal zwölf. Das liegt aber an unserem Format.
D: Und wie viele hast du schon über die Dauer begleitet?
AR: Viele hunderte. Gezählt habe ich sie nicht.
D: Hast du Feedback darüber bekommen, ob es funktioniert oder nicht funktioniert? Also, ob die Leute hinterher schlechtere Noten haben als vorher?
AR: Offen gestanden ist das Feedback euphorisch. Mir haben Studierende geschrieben: „Ich könnte die Welt umarmen. Heute habe ich endlich einmal etwas gelernt, was mir hilft.“ Oder ein anderer Studierender schreibt mir: „Ich habe jetzt gerade meine Examensnoten in der Hand. Ich kann es immer noch nicht fassen. Ich habe meine 9 Punkte erreicht. Du hast meine Arbeitsweise grundlegend verändert.“ Andere sagten: „Ich habe in Zivilrecht jetzt 16 Punkte im Examen und der Korrektor hat dann geschrieben, der Kandidat habe schon beim Schreiben gewusst, dass ihm etwas Schlüssiges und Zusammenhängendes gelingt.“ Das ist also das Schöne, das dieses Konzept nicht nur mit Gesetz und Recht übereinstimmen, sondern dass das für die Studierenden in der Prüfung und dann in der Berufspraxis genau die Ergebnisse liefert, die es haben soll, nämlich juristisch überzeugende Ergebnisse. Und was ist das Überzeugende? Dass die eigene Subjektion eben mit den gesetzlichen Bestimmungen in Übereinstimmung steht und deswegen überzeugt.
Methodik beherrschen statt Auswendiglernen
D: Da ist es geradezu unverständlich, dass dieser Teil im Jurastudium zu kurz kommt. Du hast diesen Kurs ins Leben gerufen und er findet jetzt in Kürze statt. Die Termine verlinken wir unter dem Video. Er ist für Studierende völlig kostenlos, weil er von der Uni ausgerichtet wird (Lehrauftrag). Wir haben uns vor kurzem schon mal darüber unterhalten, dass eigentlich die Methodik das Wichtigste ist. Sie ist das, was man als Juristin oder Jurist am Ende des Studiums beherrschen muss. Sie wird ganz offensichtlich nicht in dem Umfang gelehrt, wie es eigentlich notwendig wäre. Du schließt diese Lücke mit deinem Kurs. Was soll denn mit „Lege Artis“ zukünftig noch passieren? Was ist deine Vision?
Lege Artis – Verein für mehr Methodik im Jurastudium
AR: Die Vision ist, dass sich dieses pädagogische Konzept in der allgemeinen Juristenausbildung verbreitet. Also, wenn Frau Gierhake zutreffend fordert, Reduktion des Stoffes um die Hälfte, fragt man sich: Was wird in der restlichen Zeit Zeit gelehrt? Die Antwort: Methodentraining, konzeptionelle Vermittlung und dann Training! Denn nur so wird die Juristin bzw. der Jurist zum/zur Juristin/Juristen, indem sie oder er nämlich souverän mit dem Gesetz umgehen kann. Und dieses Konzept soll sich innerhalb der Ausbildung verbreiten. Es steht die Gründung eines eingetragenen Vereins bevor, der Gemeinnützigkeitsanerkennung erhalten wird. Das ist mit dem Finanzamt schon abgestimmt und das ist dann die Plattform dafür, dass Interessierte sich dann engagieren können, diese Methode kennen lernen, respektive auch dann Trainer werden (damit sich das weiter herumspricht), Vorträge halten und am Ende Professoren dafür gewinnen, als Unterstützer aufzutreten. Einige konnte ich schon davon überzeugen.
Zum Beispiel Professor Reinhard Greger, den ZBO Kommentator und ehemaliger Richter am BGH. Der hat sich riesig gefreut, dass endlich jemand genau das macht, was er auch schon immer propagiert hat. Letztlich soll dieser Verein die Plattform der Juristinnen und Juristen sein, die ihre Arbeit überzeugend tun, überzeugend erklären können und damit Träger dieses fantastischen demokratischen Rechtsstaats sind, der eine der schönsten Verfassungen der Welt hat, der aber in seiner Existenz eben nicht selbstverständlich ist. Als Leitsatz steht da das Wort des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Wolfgang Böckenförde, also die sogenannte Böckenförde-Doktrin, wonach der weltliche Staat die Voraussetzungen seiner eigenen Existenz nicht garantieren kann. Ein freiheitlicher Staat kann, weil er freiheitlich ist, die Bürger zu nichts zwingen. Will heißen, die Bürger müssen, um diesen Staat so zu erhalten, selbst tragen. Am Ende sind das unsere eigenen Gedanken, mit denen wir dieses Staatsgebilde tragen und so zielt die „Lege Artis“ academy auf Juristen und andere Seelen ab, die diesen Staat befürworten und durch ihr Handeln und durch ihre Kräfte mittragen.
Gute Juristinnen und Juristen sorgen für einen guten Rechtsstaat
D: Unterm Strich lässt sich also zusammenfassen: Man kann das System, in unserem Fall das Jurastudium, kritisieren, aber damit ist es nicht getan, sondern man muss auch letztlich am Ende etwas dafür tun, dass es besser wird. Man muss auch einen Verbesserungsvorschlag präsentieren und dafür kämpfen. Das tust du mit „Lege Artis“, mit der Academy, mit dem gemeinnützigen Verein. Es geht darum, dass diese Methode viel zu kurz kommt. Ziel muss es sein, sie systematisch über die Universitäten in ganz Deutschland zu verbreiten, damit es voran geht . „Lege Artis“, die Academy, hat eine Webseite, die werden wir unter diesem Beitrag in der Infobox verlinken.
Nicht nur Studierende und Juristinnen bzw. Juristen, sondern auch fertig ausgebildete Anwältinnen und Anwälte oder Menschen mit dem ersten Examen sind dazu aufgerufen, wenn sie möchten, dieses Projekt zu unterstützen. Es geht wirklich darum, das Jurastudium methodischer werden zu lassen. Das betrifft die, die es lernen sollen und genauso die, die das als Multiplikatoren verbreiten können. Ich finde, das ist eine sensationelle Sache und definitiv etwas, was ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann. Das kommt viel zu kurz! Auch alles, was mit Repetitorien etc. zu tun hat: Man verliert sich im Stoff und die Methodik kommt zu kurz – das muss geändert werden!
AR: Ich möchte mit einem Wort von Erich Kästner schließen. Er ist nicht nur ein grandioser Kinderbuchautor, sondern ein wirklich weiser Mann, der sagte: „Wissen ist Macht? Falsch gedacht! Wissen ist wenig, Können ist König!“
D: Besser hätte ich es nicht zusammenfassen können. In diesem Sinne, guckt euch „Lege Artis“ genau an! Alle Infos und natürlich auch das Editorial von Frau Professor Gierhake findet ihr in der Infobox dieses Beitrags.
Lieber Arnim, vielen herzlichen Dank, dass ich hier sein durfte.
Inhaltsübersicht
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Teil I: Was man im Jurastudium nicht lernt, aber für die Praxis braucht
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Teil II: “Lege Artis”: Initiative für mehr Methodik und weniger Lernstoff
Weitere Infos
- Über Arnim Rosenbach: Dr. Arnim Rosenbach arbeitet als Rechtsanwalt und Mediator in München. Er ist Lehrbeauftragter für das Seminar „lege artis“ an der LMU, München (seit 2004) sowie an der Humboldt-Universität, Berlin (seit 2019). Zudem ist er ehem. Assistent bei Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Claus-Wilhelm Canaris, München.
- Weitere Infos zum Projekt „Lege Artis“ gibt es auf legeartis-seminare.de
- NJW Editorial 15/2019 von Prof. Dr. Katrin Gierhake, LL.M. über ihren Apell für eine Reform in der Juristenausbildung
Video zum Beitrag
Foto: Adobe Stock/pla2na