Anwalt ohne VB

Meinen ersten Vollzeitjob hatte ich als Anwalt in der Rechtsabteilung eines Großkonzerns mit über 60 MitarbeiterInnen – der ProSiebenSat.1 Media AG. Und das ohne neun Punkte im Examen, weder im ersten noch im zweiten. Ich war  „nur“ im befriedigenden Bereich. Wie habe ich es trotzdem geschafft, diesen Traumjob zu  bekommen? Darum geht es in diesem Beitrag.

Eigene Interessen im Jurastudium früh identifizieren

Ich habe mich schon früh im Studium für Medienrecht interessiert. Das ist eine Materie, die sich aus vielen kleinen Rechtsgebieten zusammensetzt, wie Urheberrecht, das Telemediengesetz, im weitesten Sinne das Markenrecht und Wettbewerbsrecht, des Weiteren Rundfunkrecht – es ist also eine Mischung.

Vitamin B: Frühes Netzwerken zahlt sich aus

Ich hatte ein Faible dafür, nicht, weil mich die Regelungen wahnsinnig interessiert haben, sondern weil ich die Branche sehr interessant finde. Deswegen habe ich während des Jurastudiums auch relativ früh Praktika in diesem Bereich gemacht. Im dritten und vierten Semester habe ich bei einem Institut in München gejobbt, das im Medienrecht tätig war. Da habe ich die ersten Kontakte geknüpft, auf die ich später zurückgreifen konnte. Die anderen, die dort promoviert haben oder im Referendariat waren, waren schon älter als ich und hatten ihre ersten Jobs natürlich früher als ich. Über die bekam ich weitere Praktika bei verschiedenen Fernsehsendern und habe festgestellt, dass mir das Mediengeschäft wirklich Spaß macht  und konnte erste Erfahrungen sammeln.

Durch dieses Netzwerk, das ich mir bereits aufgebaut hatte, konnte ich im Referendariat eine Station in Bayern bei einem großen Pay-TV-Sender machen. So ein Netzwerk erleichtert es auch enorm, Praktikumsstellen zu bekommen. Denn nicht jede Anwaltskanzlei freut sich über eine Praktikumsbewerbung, da man natürlich erstmal Zeit investieren muss. Wir handhaben es bei uns in der Kanzlei so, dass wir es als eine super Chance sehen, um frühzeitig angehende JuristInnen kennenzulernen, die man später in die Kanzlei integrieren kann.

Den Fuß in der Tür: Netzwerk  im Jurastudium erleichtert Jobeinstieg

Nach dem zweiten Staatsexamen, welches ich, wie gesagt, ohne VB gemacht habe, wusste ich, dass ich eine Doktorarbeit schreiben will. Das Thema konnte man dem Medienrecht zuordnen, nämlich dem Rundfunkrecht, über den Rundfunkstaatsvertrag. Während der Doktorarbeit habe ich Teilzeit promotionsbegleitend in einer Kanzlei  gearbeitet, etwa zwei Tage pro Woche.

Ich wusste damals noch nicht, ob ich später mal in einer Kanzlei oder einem Unternehmen arbeiten möchte, und wollte mich eigentlich bei kleineren Kanzleien bewerben. Zu dem Zeitpunkt kam dann eine Stellenanzeige der ProSiebenSat.1 Media AG, die einen Juristen für den Bereich „Production Law“ suchte. Da dachte ich, das passt wie die Faust aufs Auge und habe mich schnell beworben. Ich habe dann relativ schnell eine Einladung zum Gespräch und im Anschluss auch die Zusage bekommen.

Referenzen aus dem Jurastudium erhöhen die Glaubwürdigkeit

Später habe ich meinen Chef einmal gefragt, warum ich so schnell die Zusage bekommen habe. Er meinte daraufhin, dass es persönlich, menschlich und auch auf der Papierform gepasst hat – und noch etwas kam hinzu: Es war nicht auf Netzwerke zurückzuführen, dass ich diesen Job bekommen habe. Ich habe aber später vom Rechtsvorstand der ProSiebenSat.1 Media AG erfahren, dass die Personalabteilung damals einen Bekannten telefonisch kontaktiert hat, bei dem ich schon mal ein Praktikum absolviert hatte, um sich bei ihm zu erkundigen. Der Bekannte, den ich schon früh vom Studium kannte, hat dann gesagt: „Das ist ein guter Mann, stell‘ den ein!“. Das heißt, ich habe von diesen Referenzen profitiert, ohne dass ich mich auf dieses Netzwerk in der Bewerbung berufen hatte. Man baut sich eine gewisse Glaubwürdigkeit auf – wenn ich also als Arbeitgeber eine Bewerberin oder einen Bewerber habe, und ich weiß, dass diese Person vorher bei jemandem tätig war, den ich kenne, ist der direkte Weg natürlich, dort nachzufragen und sich eine zweite Meinung einzuholen.

Nach vier Jahren bei der ProSiebenSat.1 Media AG habe ich mich dann selbständig gemacht. Nicht, weil es mir im Konzern nicht gefallen hätte, sondern weil ich etwas Eigenes aufbauen wollte. Mein Netzwerk hat letztlich erheblich dazu beigetragen, dass ich diesen Job bekommen habe!

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