Kanzleigründung

Was muss man bei der Kanzleigründung beachten? Wie hoch ist das tatsächliche Risiko und ist die Mühe das Ganze überhaupt Wert? Selbstständig sein? Oh nein! Ich will angestellt bleiben! Wenn man so denkt, dann sollte man von diesem Plan eindeutig Abstand nehmen. Wenn man aber wirklich sein eigenes Ding machen will und den Traum hat, sich selbstständig zu machen, dann könnte eine Gründung genau das Richtige sein.

Ein-Mann-Kanzlei oder Teamgründung?

Prinzipiell muss man natürlich nicht alleine eine Kanzlei gründen. Man kann sich auch mit einem etwaigen zukünftigen Partner zusammentun. Das hat manchmal den Vorteil, dass es nach außen hin am Markt um einiges professioneller wirken kann, wenn man als Anwaltsteam auftritt. Viel wichtiger als ein sofortiges freundschaftliches Verhältnis ist es dabei, mit einem potenziellen Gründungspartner geschäftliche Diskussionen gemeinsam führen zu können.

Haftpflicht, Büro-Adresse und Computer – Die Erstinvestitionen einer Kanzleigründung sind überschaubar

Zum einen gibt es berufsrechtliche Vorgaben, die man kennen und befolgen muss. In §5 BORA ist beispielsweise festgelegt, dass man zur Erreichbarkeit einer Anwaltskanzlei ein Türschild braucht. Außerdem braucht man eine Haftpflichtversicherung.

Am Ende sind die Investitionen, die man zu Beginn tätigen muss, relativ überschaubar. Man kann sie zum Beispiel nicht vergleichen mit der Gründung eines Betriebs zur Herstellung von industriellen Maschinen, bei dem eine einzelne Maschine schon 300.000 Euro kostet.  Als Anwalt – was braucht man da schon? Man braucht einen Computer, eine anwaltliche Büroadresse, an der man auch als Anwalt arbeiten darf, eine Kanzlei-Homepage. Nicht zuletzt sollte man auch ein bisschen Werbung für sich, also Kanzleimarketing, betreiben. Das war’s dann aber auch schon! Gerade in der heutigen digitalen Zeit sind diese Ausgaben überschaubar. Das eigentliche Kapital des Anwalts liegt vor allem in der juristischen Expertise.

Bei der Büroauswahl am Kunden orientieren

Natürlich darf man bei der Auswahl des eigenen Büros nicht außer Acht lassen, dass es zu den Ansprüchen und zum Klientel der erwünschten Mandanten passen muss. Bei der Orientierung an internationale Kunden muss man natürlich einen gewissen Grad an Professionalität erfüllen. Und in diesem Fall kommt vielleicht nicht das Wohnzimmer als Büroraum infrage. In diesem Falle sollte man deutlich mehr investieren. Aber auch hier müssen dann nicht unbedingt sofort 200m² Bürofläche am Kuhdamm gemietet werden.

Kanzleigründung braucht keine lange Planung

Bei der Planung muss man nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen. Sie muss nicht ein halbes Jahr in Anspruch nehmen. Vielmehr sollte man sich eine Gründung vornehmen und diese dann schnellstmöglich durchziehen. In der Realität kommt nämlich vieles anders als man sich das im Voraus denkt. Zu viel Planung ist Zeitverschwendung. Viel wichtiger ist zum Beispiel, schnell eine eigene Kanzlei-Homepage zu haben.

Das Wichtigste: Präsenz zeigen und Kontakte knüpfen

Als Anwalt kommt es nämlich darauf an, Präsenz zu zeigen und von der Mandanten-Zielgruppe wahrgenommen zu werden.. Wenn euch als Anwalt nämlich niemand sieht, könnt ihr keine Mandanten akquirieren. Bekannt werden ist also der wichtigste Punkt. Und welches Medium ist heute besser dazu geeignet als das Internet mit all seinen Fassetten und Möglichkeiten? Es ist hierbei egal, ob ihr Vorträge haltet, Youtube-Videos dreht oder zu Netzwerktreffen geht, bei denen man ins Gespräch kommt. Auch das Schreiben eines Blogs ist eine Option sowie die Positionierung als Experte auf Twitter. Es kommt bei allem schlicht darauf an, seine eigene Brand, also seine eigene Anwaltsmarke zu verkaufen und Kontakte zu knüpfen.

Anwälte gibt es doch wie „Sand am Meer“ – wie hoch ist das Risiko?

Ja, es gibt tatsächlich um die 160.000 Anwältinnen und Anwälte in Deutschland. Da kommt natürlich die Frage auf, wie hoch das Risiko ist, sich in dieses Meer zu stürzen und einer von vielen zu werden. Jeder, der selbstständig am Markt unternehmerisch tätig ist und Umsatzverantwortung trägt, muss ein gewisses Risiko in Kauf nehmen. Manche Dinge wie das Kommen und Gehen zukünftiger Mandanten oder die Solvenz der Kunden kann man nicht beeinflussen.

Du musst dein eigenes Geschäft aufbauen und dein Unternehmen selbst vorantreiben. Es bringt nichts, sich auf irgendjemand anderes zu verlassen, weder auf Kunden noch auf Kollegen. Niemand wartet auf dich und niemand wird dir die Arbeit abnehmen. Daher trägt man auch selbst die Verantwortung und in der Folge das einhergehende Risiko.

Die Wahl der Spezialisierung: Spaß muss sein!

Hat man ein ausreichendes Mandanten-Umfeld und ein Netzwerk in unterschiedlichen juristischen Bereichen, kann man vielleicht beim Feld-Wald- und Wiesen-Anwalt bleiben.

Man sollte sich jedoch meiner Erfahrung nach überlegen, wo man mit seiner Kanzlei hin will und für welches Gebiet man tatsächlich brennt. Nur wenn der Spaßfaktor derart hoch ist, entwickelt man den Perfektionismus und die Motivation, das Beste aus jedem Fall herauszuholen.

Lohnt sich der Ausbruch aus der Komfort-Zone?

Vielleicht ist man derzeit zufriedene Angestellte oder Angestellter in einer Kanzlei, verdient genug und hat dort seinen geregelten und bekannten Ablauf. Wieso also überhaupt selbstständig werden? Was für Vorteile bringt die Selbstständigkeit?

Das Schlüsselwort ist Unabhängigkeit!

Man kann frei wählen, welche Mandate man an Land zieht, wann genau man wie viel arbeitet und wann es Zeit für eine eigene Gehaltserhöhung ist – soweit man eben gut genug gearbeitet hat.

Das bedeutet jedoch keinesfalls, dass man weniger arbeiten muss, nur Homeoffice macht und dort dann in Wirklichkeit lieber Videospiele spielt. Im Zweifel arbeitet man sogar härter. Du erwirtschaftest eben nur genau das, was du tatsächlich an Leistung erbringst.

Das Beste an der Selbstständigkeit: Sein eigener Chef sein und eigenes Werk schaffen

Mitzuerleben, wie die eigene Kanzlei – zu Beginn fernab von jeglicher Professionalität – langsam wächst und ein ernstzunehmender Bestandteil des Marktes wird, macht unglaublichen Spaß!

Niemand kann dir kündigen, du bist dein Geschäft. Und das auch am Wochenende und im Urlaub. Man hat zwar dadurch einen Mehraufwand und muss die ein oder andere unruhige Nacht durchleben. Dennoch ist man ausgeglichener, glücklicher und zufriedener.

Man schafft sein eigenes Werk und genau das macht die Risiken und anfänglichen Investitionen wieder wett.

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