Am 28.10.2019 fand an der Universität Bonn ein Diskussionspanel zum Thema „Examen nicht bestanden – was tun?“ statt. Zu den Gästen gehörten Jan-Philipp Mollenhauer, der Gründer von Staatsexamen Plan B – einer Beratungsagentur für ehemalige Jurastudierende, die ihr Staatsexamen nicht bestanden haben – sowie Vertreter der Bundesfachschaft Jura. Auch die Zentrale Studienberatung und die Fachstudienberatung Jura der Uni Bonn nahmen am Panel teil – die wichtigsten Optionen für den Plan B im Überblick.
Scheitern als Stigma: Jurastudis suchen sich erst spät Hilfe
Die Initiatoren der Veranstaltung machten schnell deutlich, dass die Veranstaltung nicht nur dazu beitragen solle, zu informieren, sondern das Thema zu enttabuisieren. Denn, so erklärten die Moderatoren, das Thema Scheitern werde im Jurastudium häufig verdrängt und wenn es doch zur Sprache kommt, eher in dekonstruktiver Weise diskutiert. Dies bestätigten auch die Gäste der Zentralen Studienberatung und der Fachstudienberatung, die oft feststellen, dass die betroffenen Personen in der Beratung das erste Mal über das Thema sprechen. Jura sei in der Zentralen Studienberatung zudem das beratungsstärkste Fach. Während Studierende anderer Fächer häufig schon bereits in den ersten Semestern die Beratung aufsuchen, tun Jurastudentinnen und -studenten dies oft erst ab dem sechsten oder siebten Semester. Einige Ratsuchende befänden sich sogar schon im neunten oder zehnten Semester und äußerten in ihrer Anspannung, dass sie gar nicht erst die Staatliche Prüfung ablegen möchten.
Leistungsdruck im Jurastudium: Über Alternativen spricht man nicht gerne
Jedes Jahr bestehen etwa ein Drittel der Examenskandidaten das erste juristische Staatsexamen nicht. Der Anteil derjenigen Prüflinge, die ihr Examen endgültig nicht bestehen, liegt je nach Jahrgang bei vier bis fünf Prozent. Gemessen an dieser – verglichen mit anderen Studiengängen – hohen Zahl, sollte es also unter Jurastudierenden eigentlich genug Gesprächsstoff über ein potenzielles Nichtbestehen und Alternativen bei Eintreten eines solchen Falles geben. Jedoch, so bemängelten die Diskutierenden, sei es erschreckend, wie viele Jurastudierende sich alleine fühlen und unter Kommilitonen keine offene Diskussionskultur erleben. Das liege auch daran, dass das Jurastudium letztendlich ein Selbststudium sei.
Staatsexamen nicht bestanden: Option Auslandsstudium & Gleichwertigkeitsprüfung
Hat man sein Staatsexamen endgültig nicht bestanden, ist auch eine Einschreibung in bestimmte Fächer mit juristischem Bezug teils nicht mehr möglich. Grundsätzlich besteht aber die Möglichkeit, sein Jurastudium trotzdem im Ausland abzuschließen. Jan-Philipp Mollenhauer, der 2013 die Beratungsagentur Staatsexamen Plan B gründete, verwies beispielsweise auf die Möglichkeit, Rechtswissenschaften auf Diplom in Österreich zu studieren. Jedoch, so Mollenhauer, müssten beim Auslandsstudium immer Grauzonen und zahlreiche Regeln beachtet werden, sodass eine individuelle Beratung in Anspruch genommen werden sollte.
Ist man in Österreich zum/zur Diplom-Jurist/in ausgebildet worden, was auch per Fernstudium möglich ist, so kann man in Deutschland eine Gleichwertigkeitsprüfung beantragen. Wenn das Ergebnis dieser erfolgreich ist, kann der/die Diplom-Jurist/in in Deutschland zum Referendariat zugelassen werden. Jedoch kann es auch sein, dass der/die im Ausland ausgebildete Jurist/in in einigen Rechtsgebieten noch einmal Prüfungen nachholen muss. Dann kann man sich – auch wenn man in Deutschland bereits endgültig das Staatsexamen nicht bestanden hatte – noch mal an der Uni einschreiben und betreffende Prüfungen ablegen.
Prüfungsanfechtung nur schwer beweisbar
Eher vorsichtig reagierten die Gäste, als das Thema Prüfungsanfechtung zur Sprache kam. Formelle Korrekturfehler – beispielsweise, wenn Teile der Klausur verloren gehen oder eine Unterschrift fehlt – seien grundsätzlich leichter zu beweisen als informelle Fehler und im Falle dieser damit auch die Erfolgsquote höher. Statistiken zur Erfolgsquote seien jedoch keinem bekannt.
Jurastudium mit integriertem Bachelor of Laws
Einige deutsche Universitäten bieten derzeit bereits die Möglichkeit, ein klassisches Jurastudium mit integriertem Bachelorstudium zu vereinen. Dies sei laut Stefan Endeward von der Bundesfachschaft Jura in Potsdam, Berlin oder Frankfurt an der Oder bereits möglich. An der Uni Bonn besteht die Möglichkeit, sich parallel zum Jurastudium für ein Kernfach der Philosophischen Fakultät (beispielsweise Politikwissenschaften) mit dem Begleitfach Rechtswissenschaft einzuschreiben. Beim Nichtbestehen des Examens können dann Leistungen für das Begleitfach bereits verbucht und das Kernfach weiter studiert werden.
Wie reagiere ich im Vorstellungsgespräch auf Fragen zum nicht bestandenen Examen?
Neben den konkreten Möglichkeiten, die derzeit wahrgenommen werden können, wurde in der Diskussion auch thematisiert, wie man seinem potenziellen Arbeitgeber souverän begegnet, wenn dieser Fragen zum „ungeraden“ Lebenslauf stellt. Herr Mollenhauer machte darauf aufmerksam, dass Kandidaten, die sich nach dem Scheitern aufraffen können, eher unter Beweis stellen, dass sie mit Stresssituationen umgehen können und beharrlich sind. Auch Dr. Lena Ruwoldt von der Zentralen Studienberatung bekräftigte dies, indem sie darauf hinwies, dass man zwar kein Staatsexamen, aber zumindest das Studium an der Universität erfolgreich beendet habe. Auch müsse man in so einer Situation betonen, dass es wahrscheinlich in keinem anderen Studiengang so eine große Hürde zu meistern gilt.
Damit man im Vorstellungsgespräch mit genug Selbstvertrauen auf derartige Fragen reagieren kann, müsse man jedoch, so Sabine Beck von der Fachstudienberatung Jura, für sich selber verarbeitet und beantwortet haben, wo die Gründe für das Nichtbestehen lagen. Hat man möglicherweise zu wenig anwendungsorientiert gelernt? Gab es persönliche Gründe oder hatte man einfach Pech? Diese Fragen solle man vor einem Vorstellungsgespräch für sich möglichst detailliert reflektiert haben.
Nachwuchsprobleme in der Rechtsberatung könnten Reformen herbeiführen
Da die Berufschancen für Juristen derzeit sehr gut sind und eine Pensionierungswelle in der Branche bevorsteht, gibt es genug Grund, hoffnungsvoll zu sein. Viele Unternehmen, so erläuterte Herr Mollenhauer, stünden derzeit vor dem Problem, dass sie bei Ausschreibung einer Stelle für Volljuristen mit Prädikat, Promotion & Co. schlicht keine Bewerber fänden. Dass die Zeiten der Juristenschwemme vorbei sind, wird sich also in Zukunft noch stärker bemerkbar machen.
Ein Plan B macht entspannter
In jedem Fall gilt es, die Möglichkeit eines Nichtbestehens einzukalkulieren und frühzeitig nach Alternativen zu suchen. Denn: Wer bereits vor Ablegen der staatlichen Prüfung einen Plan B hat, weiß, dass er hat ein Auffangnetz hat und geht dadurch womöglich weniger angespannt in seine Prüfung.